Frauenrollen

Muslimische Heilige

Muslimische Heilige

Eine islamische Frau trat im 13. Jahrhundet in Tunesien für Gleichberechtigung ein und ist deshalb bis heute ein Dorn im Auge von Radikalen.

Aisha al-Manoubia (ca. 1190er-1267), auch Lella genannt, wurde in Manoubia, einem Ort in der Nähe von Tunis, geboren. An einer arrangierten Ehe hatte sie kein Interesse, zog sich lieber betend zurück. Als sie sich deshalb mit ihrem Vater überwarf, verließ sie ihre Familie und zog nach Tunis.

Gegen jede Norm

In Tunis lebte sie ein zölibatäres Leben und sorgte selbst für ihren Lebensunterhalt durch Handarbeiten. Zusätzlich nahm sie Unterricht bei einem Sufi-Meister.

Der Sufismus gilt als mystische Dimension des Islam. Durch asketische und meditative Praktiken wird versucht, direkte Visionen vom Propheten zu erhalten. Um sich ihrer spirituellen Praxis zu widmen, zog sich Aisha al-Manoubia deshalb öfters betend oder meditierend zurück.

Nicht nur, dass sie sich für eine untypische Lebensform entschied, auch hielt sie sich nicht an soziale Konventionen. So betete sie in der Moschee direkt neben Männern, was Frauen eigentlich bis heute verboten ist. Auch legte sie den Koran öffentlich aus. Ihre Lehren gab sie teilweise sogar in Tavernen weiter, einem Ort, der für Frauen normalerweise Tabu war. Und sie bewegte sich frei und ohne männliche Begleitung, für Frauen ansonsten undenkbar.

Heilige und Gelehrte

Immer wieder war sie Kritik und Angriffen ausgesetzt, doch sie bestritt ihren eigenen Weg. Trotz ihrer unkonventionellen Lebensweise wurde sie mit den Jahren zu einer Heiligen. Sie erhielt sogar den höchsten Sufi-Titel „Pol der Pole“, der sie befähigte, Verantwortung für Männer zu tragen.

Sie wurde zu einer geschätzten Gelehrten und zur angesehen Persönlichkeit, in religiösem und politischem Kontext. Als erste Frau wurde sie in den Rat von Tunis berufen. Dort bewies sie ihr Geschick und konnte gesellschaftliche Kluften verringern. Auch setzte sie sich dafür ein, die Position der Frauen zu verbessern.

Vor allem für Frauen wurde sie zum Vorbild. Sie ist eine der wenigen muslimischen Frauen, die als Heilige verehrt wird und über die überhaupt eine Biographie verfasst wurde. Doch nicht jedem passt diese Verehrung und Bewunderung. Selbst Jahrhunderte nach ihrer Zeit bringt sie noch immer radikale Muslime in Aufruhr. Das zeigt etwa die Beschädigung ihres Mausoleums im Jahre 2012.

Literaturhinweis:

  • Jones, Linda G. 2020. “Holiness, saints, and sanctity in Islam: Striving for remembrance,“ IN: Alexandre Coello de la Rosa und Linda G. Jones (Hg.): Saints and Sanctity in Judaism, Christianity, and Islam. London: Routledge, S. 65-92.