Philosophie

Sei Dir selber treu

Sei Dir selber treu

Sie lebte in einer Zeit, in der selbst Männer, wenn überhaupt, nur unter Pseudonym auf Missstände hinzuweisen wagten. Sie dagegen nahm kein Blatt vor den Mund, nannte die Dinge beim Namen und stand dazu: Bettine von Arnim, geborene Elisabeth Catharina Ludovica Magdalena Brentano (1785-1859).

Wegweisende Jahre

Bettine von Arnim stammte aus einem wohlhabenden Elternhaus. Ihre Familie, die italienische Wurzeln hatte, war eine einflussreiche Kaufmannsfamilie in Deutschland.

Als Bettine von Arnim vier Jahre alt war, starb ihre Mutter. Daraufhin wurde sie in eine Erziehungseinrichtung der Ursulinen geschickt. Nachdem einige Jahre später auch der Vater verstarb, nahm sie ihre Großmutter, Sophie von La Roche (1730-1807), auf.

Sophie von La Roche war damals bereits eine erfolgreiche Schriftstellerin, die von ihrer Arbeit leben konnte. Außerdem brachte sie eine Frauenzeitschrift mit philosophischen und bildungsrelevanten Inhalten heraus. In diesem Ambiente durfte sich nun auch Bettine von Arnim frei entfalten.

Enge Kontakte zu berühmten Schriftstellern

Bereits ihre Eltern unterhielten einen engen Kontakt zu der Familie Goethe. Später entwickelte sich zwischen Bettine von Arnim und der Mutter von Johann Wolfgang von Goethe, Catharina Elisabeth Goethe (1731-1808), eine enge Freundschaft. Und auch zwischen Bettine von Arnim und Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gab es einen regen Schriftwechsel, den sie nach seinem Tod in Buchform, Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (1835), herausgab.

Bettine von Arnim war übrigens die Schwester des Schriftstellers Clemens Brentano (1778-1842) und Ehefrau des Schriftstellers Achim von Arnim (1781-1831), mit dem sie sieben Kinder hatte. Clemens Brentano und Achim von Armin zählen zu den Hauptvertretern der sogenannten Heidelberger Romantik.

Doch Bettine von Arnim umgab sich nicht nur mit bekannten Schriftstellern. Sie wurde selbst eine namhafte Schriftstellerin.

Erfolg als Schriftstellerin

Bettine von Arnim schrieb Bücher, wie etwa den Briefroman Die Günderode (1840), Dies Buch gehört dem König (1843) oder Gespräche mit Dämonen (1852). In ihren Schriften setzte sie sich für die Rechte der Menschen ein. Sie schrieb über das Massenelend, nannte die Dinge beim Namen und erlangte dadurch Aufsehen.

Finde Dich, sei Dir selber treu, lerne Dich verstehen, folge Deiner Stimme, nur so kannst Du das Höchste erreichen!

  • Aus: Tagebuch, 1835, S. 78, von Bettine von Arnim.

Frauen war damals eine passive Rolle zugedacht. Sie hatten sich nicht ins Geschehen einzumischen. Doch Bettine von Arnim mischte sich ein. Sie forderte Pressefreiheit, eine Verfassung und machte sich für soziale Reformen stark. Sie setzte sich für weithin unsichtbare Randgruppen ein, auch für die Rechte der Frauen.

Philosophie, Gefühle & Religion

Für Bettine von Arnim nahmen Gefühle eine wichtige Rolle ein. Sinnlichkeit und Verstand waren - entgegen der weit verbreiteten Vernunftphilosophie - keine getrennten Zweige. Sie verstand Gefühle nicht als bloßes Empfinden, sondern als eine Leistung. Dementsprechend spielten Gefühle eine zentrale Rolle in ihrer Philosophie, ja in ihrem gesamten Weltbild.

Bettine von Arnim vertrat zudem eine pantheistische Gottesvorstellung, in der die Institution Kirche keine zentrale Rolle spielte. Das Göttliche war für sie allgegenwärtig und vor allem in der Natur erfahrbar.

Der Irrthum der Kirchenväter, Gott sei die Weisheit, hat gar manchen Anstoß gegeben; denn Gott ist die Leidenschaft. — Groß, allumfassend im Busen der alles Leben spiegelt wie der Ocean, und alle Leidenschaft ergießt sich in ihn wie Lebensströme. Und sie alle umfassend ist Leidenschaft die höchste Ruhe.

Ein zentraler Begriff in ihrem Denken ist die Schwebereligion. Damit meinte sie, dass alles in Bewegung ist. Der Mensch bewege sich ständig zwischen der Wirklichkeit und der Hoffnung, der Welt der Möglichkeiten. Nur das Werden gilt als ewig, das Unmögliche muss angestrebt werden. Deshalb nehme die Sehnsucht einen wichtigen Platz ein.

Bettine von Arnim, die Komponistin

Bettine von Arnim war auch musikalisch begabt. Sie sang, ließ sich am Klavier ausbilden und komponierte schließlich Lieder mit Klavierbegleitung.

Literaturhinweise:

  • Baumgart, Hildegard. 2016. Bettine und Achim von Arnim: die Geschichte einer ungewöhnlichen Ehe. Insel Verlag.
  • Becker-Cantarino, Barbara (Hg.). 2019. Bettina von Arnim Handbuch. De Gruyter.
  • Frederikson, Elke und Katherine Goodman (Hg.). 1995. Bettina Brentano-von Arnim. Gender and Politics. Wayne State University.
  • Gleichauf, Ingeborg. 2007 [2005]. Ich will verstehen. Geschichte der Philosophinnen. dtv.
  • Rullmann, Marit und Werner Schlegel. 2018. Denken, um zu leben. Philosophinnen vorgestellt. marixverlag.