Geschichtsschreibung Frauenrollen

Boudica - Britische Ikone

Boudica - Britische Ikone

Eine keltische Königin rief zum Aufstand gegen die Römer. Trotz Niederlage wurde sie eine Ikone, Sinnbild weiblicher Macht und britische Volksheldin.

Boudica verteidigt ihre Würde

Britannien im ersten Jahrhundert: Prasutagus war ein keltischer König, ein sogenannter Klientelkönig, der sein Volk, die keltischen Icener, im Namen Roms regierte. Nach seinem Tod im Jahre 60 n.Chr. wollte seine Frau, Boudica, mit ihren Töchtern das Erbe antreten.

Daraufhin ließen die Römer Boudica auspeitschen und die Töchter vergewaltigen. Diese Taten sollten den Frauen wohl unmissverständlich die bestehenden Machtverhältnisse vor Augen führen. Nach römischem Verständnis hatten sich Frauen schließlich zu fügen und nicht die Macht für sich zu beanspruchen.

Boudica beugte sich nicht ihrem vermeintlichen Schicksal, sondern startete einen Rachefeldzug. Zuerst konnte sie mithilfe von anderen keltischen Stämmen die Römer vernichtend treffen, verlor dann jedoch die entscheidende Schlacht.

Krux der Geschichtsschreibung

In ihrer Rolle als Anführerin, die sich gegen die römische Besatzung wehrte, wurde Boudica zur Nationalheldin. Allerdings stehen wir hier einem Problem gegenüber: Die einzigen Quellen, die von den keltischen Aufständen und von Boudica berichten, stammen von römischen Geschichtsschreibern.

Wie sahen jedoch die Kelten diese Frau? Hatten die Kelten eine geschlechtsspezifische Rollenverteilung? Welche sozialen Positionen nahmen keltische Frauen ein? Darüber gibt es keine Aufzeichnungen.

Aus Sicht der Römer, die in patriarchalischen Strukturen lebten und dachten, war Boudica sicherlich eine ungeheuerliche Frau und außergewöhnliche Führerin. Nach römischen Verständnis war das Haus der Platz einer Frau, nicht im Krieg und schon gar nicht als Anführerin. Boudica schien so gar nicht in das römische Weltbild zu passen.

Vielleicht wurde Boudica deshalb in römischen Quellen als furchterregend, ungewöhnlich hochgewachsen und mit rauer Stimme beschrieben. Denkbar, dass es sich hierbei um ein verzerrtes Bild handelt.

Vorbild für Herrscherinnen

Unabhängig vom Bild, das die Römer von Boudica festhielten, wurde sie in Britannien zur Symbolfigur weiblicher Macht. Als im 16. Jahrhundert England von Spanien angegriffen wurde, saß Elisabeth I. (1533–1603) auf dem Thron. Die als jungfräuliche Königin bekannte Herrscherin erinnerte im Kampf an Boudica, wie die einst tapfer und mutig gegen Invasoren in den Kampf zog.

Elisabeth I. und England waren erfolgreicher als Boudica, sie konnten die Spanische Armada zerschlagen. Somit war der Grundstein zum Aufstieg Englands als Kolonialmacht gelegt. Nach Elisabeth I. wurde ein ganzes Zeitalter benannt, das sogenannte Elisabethanische Zeitalter.

Eine weitere britische Herrscherin war Namensgeberin für ein ganzes Zeitalter: Königin Viktoria (1819–1901), nach der das Viktorianische Zeitalter benannt wurde. Genau wie Elisabeth I. reihte sich Viktoria als Nachfolgerin Boudicas ein. Sie bezeichnete Boudica als keltische Viktoria und schuf somit eine direkte Verbindung zu sich selbst.

Boudica galt als Ikone, die gegen eine fremde Nation kämpfte. Während mit Elisabeth I. der Startschuss für das British Empire fiel, erlangte es unter Viktoria dessen politischen und wirtschaftlichen Höhepunkt.

Politische Streitäxte

Zudem wurden britische Politikerinnen mit dem Mythos der Boudica in Verbindung gebracht. Margaret Thatcher (1925–2013), bekannt unter dem Beinamen „Eiserne Lady“, wurde als erste Frau britische Premierministerin. In Vergleichen mit Boudica wurde sie als politische Streitaxt und aufgrund ihrer Vorliebe für Perlenschmuck als Boudica in Perlen beschrieben.

Auch Theresa May (*1956) erhielt den Beinamen Boudica. Im Zuge der Brexit-Verhandlungen wurde sie von der Presse als Brexit Boudica betitelt. May war mit ihren Verhandlungen weniger erfolgreich und dankte schließlich vorzeitig ab.

Symbolfigur weiblicher Macht

Boudica wurde zum Sinnbild weiblicher Macht, einem Symbol der Freiheit und einer Ikone weiblicher Stärke. Sie war die Kriegerkönigin, die gegen die Macht Roms kämpfte und auf die sich spätere Herrscherinnen und Politikerinnen beriefen.

Literaturhinweis:

  • Gillespie, Caitlin C. 2018. Boudica. Warrior Woman of Roman Britain. Oxford University Press.