Pionierinnen

Feder, Papier & Tintenfass

Feder, Papier & Tintenfass

Feder, Papier & Tintenfass - das war ihre Grundausstattung: Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Sie zählt zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen und ist die einzige Frau, die in Deutschland einen Geldschein zierte: bis zur Einführung des Euro den 20-Mark-Schein.

Ihr Leben war davon geprägt, gegen Erwartungen und gesellschaftliche Normen anzukämpfen und ihren eigenen Weg zu gehen. Sie kämpfte darum, sich als Schriftstellerin und Komponistin in einer Gesellschaft zu behaupten, in der Frauen nicht ernst genommen wurden. Frauen, die öffentlich auftraten - nein, das wurde nicht gerne gesehen, das war den Männern vorbehalten.

Adel verpflichtet …

Annette von Droste-Hülshoff entstammt einem alten deutschen Adelsgeschlecht und wächst auf einem Wasserschloss auf. Dort wird sie auch von einem Privatlehrer unterrichtet. Aber - man staune - sie schreibt selbst gerne Gedichte und findet Gefallen an Schiller. Als frommes und braves Mädchen sollte sie sich lieber der Stickerei widmen und fleißig den Gottesdienst besuchen - so die Meinung ihrer Verwandten.

Dann der Skandal: Die katholische Adelige verliebt sich in einen protestantischen Bürgerlichen. Eine List muss her! Die Familie schickt einen anderen Mann, der um Annette von Droste-Hülshoff wirbt. Es gelingt ihm, um ihre Hand anzuhalten. Der Intrigant eilt sofort zu ihrer wahren Liebe. Daraufhin wenden sich beide Männer von ihr ab. Eine Frau mit einem solchen -für die damalige Zeit zweifelhaften und verruchten- Ruf wollte keiner heiraten …

Ambivalenz des Daseins und der Natur

Nun stand sie vor einem Dilemma: Als Adelige konnte sie nicht selbst Geld verdienen und war somit von ihrer Familie abhängig, da sie auf dem Heiratsmarkt nicht mehr vermittelbar war. Ihr Bruder hielt sie für einen nutzlosen Klotz an seinem Bein. Als er den Familienbesitz erbte, musste Annette von Droste-Hülshoff mit ihrer Mutter und einer weiteren Schwester auf ein abgelegenes Landgut ziehen.

Ganz in der Nähe des neuen Zuhauses lag ein Moor, das Annette von Droste-Hülshoff durchwanderte. Dort erkannte sie die Ambivalenz der Natur: Einerseits wirkte das Moor märchenhaft, andererseits bedrohlich. Ihre Erlebnisse verarbeitete sie in ihrer bekanntesten Ballade Der Knabe im Moor.

Auch in ihrer bekanntesten Novelle Die Judenbuche (1842) spielt die Natur eine zentrale Rolle. Es handelt sich um einen Kriminalroman, der auf einer wahren Begebenheit beruht.

Wo ist die Hand so zart, daß ohne Irren
Sie sondern mag beschränkten Hirnes Wirren,
So fest, daß ohne Zittern sie den Stein
Mag schleudern auf ein arm verkümmert Sein?
Wer wagt es, eitlen Blutes Drang zu messen,
Zu wägen jedes Wort, das unvergessen
In junge Brust die zähen Wurzeln trieb,
Des Vorurteils geheimen Seelendieb?
Du Glücklicher, geboren und gehegt
Im lichten Raum, von frommer Hand gepflegt,
Leg hin die Waagschal, nimmer dir erlaubt!
Laß ruhn den Stein – er trifft dein eignes Haupt!

  • Aus: Die Judenbuche, ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen, von Annette von Droste-Hülshoff.

In diesem Werk betreibt sie eine Sozialstudie, beobachtet und schreibt über unerhörte Themen wie den Mord an einem Juden, Gewalt, Armut und Alkoholmissbrauch. Dies alles verpackt in eine Natur, die beim Lesen alles andere als harmonisch und tröstlich erscheint.

Musik, Literatur - oder beides?

Annette von Droste-Hülshoff lernte auch Klavier spielen und nahm Gesangsunterricht, allerdings zunächst nur zum Zeitvertreib. Sie soll eine kräftige Mezzosopranstimme gehabt haben.

In den 1820er Jahren widmete sie sich zunehmend der Musik und komponierte. Sie arbeitete an ihren Opern “Babilon” und “Der blaue Cherub”. Beide Werke wurden jedoch nicht vollendet. Insgesamt umfasst ihr musikalisches Werk vier unvollendete Opern und etwa 70 Lieder für Gesang mit Klavierbegleitung.

Sie stand in engem Kontakt mit Clara und Robert Schumann. Großen Einfluss auf ihr musikalisches Schaffen hatte ihr Onkel Maximilian Friedrich von Droste zu Hülshoff, selbst Komponist und ein Freund Joseph Haydns.

Anfangs war sie selbst noch unentschlossen, ob ihr Talent eher im Schreiben oder im Komponieren lag. Nach einigen musikalischen Ausflügen entschied sie sich schließlich für die Literatur.

Literaturhinweise:

  • Blasberg, Cornelia & Jochen Grywatsch (Hrsg). 2018. Annette von Droste-Hülshoff Handbuch. De Gruyter.
  • Kraft, Herbert. 1996. Annette von Droste-Hülshoff: ein Gesellschaftsbild. Aschendorff.