Klischees

Übersehene Komponistin

Übersehene Komponistin

Der Nachlass von Petronella Göring (1906–1968) ist mit 350 Musikhandschriften eine der umfangreichsten Musiksammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek. Dennoch ist sie als Komponistin kaum bekannt - eine Spurensuche, warum das so ist.

Frau mit eigenem Kopf

Schon früh kam sie zu Hause mit Musik in Berührung und erhielt ab dem fünften Lebensjahr Klavierunterricht. Mit elf Jahren begann sie ihre Ausbildung zur Pianistin an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Mit etwa 20 Jahren wurde sie jedoch von der Akademie ausgeschlossen, weil sie ein zu starkes “renitentes Verhalten” an den Tag legte. Es folgte ein Privatstudium bei Hans Gál.

Nach Abschluss ihres Studiums versuchte Petronella Göring, als Klavierlehrerin zu arbeiten. Sie hatte jedoch Schwierigkeiten, sich anzupassen. Dann kam die NS-Zeit.

Sie blieb sich treu, wollte sich auch hier nicht anpassen. Deshalb verlor sie 1941 auch ihre Stelle an der Wiener Musikschule, nachdem man ihr politische Unzuverlässigkeit bescheinigt hatte. In dieser Zeit wandte sie sich mehr und mehr dem Katholizismus zu.

Umfassendes Werk

Zunächst schrieb sie kleinere Werke, meist für Klavier. Es folgten die Oper Die Sonne der Herzen (op. 69) und mehrere geistliche Werke, wie etwa das Singspiel Christkindleins Einzug (op. 70). Ihre erste Sinfonie schrieb sie in den 1930er Jahren, weitere Sinfonien folgten erst Jahre später. In den 1950er Jahren entstanden innerhalb von nur drei Jahren die Sinfonien 2 bis 9. Schließlich folgte 1965 das Orchesterwerk Der Staatsvertrag im Belvedere, zum zehnten Jahrestag der Unterzeichnung dieses Vertrages.

Das Ziel dieser Arbeit war es keineswegs, im Verborgenen zu bleiben.

Wiederholt wurden Werke von ihr aufgeführt, doch keines davon wurde je gedruckt. Zeitlebens versuchte sie, als Komponistin Fuß zu fassen, was ihr bis zuletzt verwehrt blieb, obwohl sie zweimal den Kompositionspreis der Wiener Musikhistorischen Gesellschaft erhielt.

Kampf für ihr Werk

Immer wieder musste sie sich Kritik anhören - ihre Werke seien nicht gut genug, um veröffentlicht zu werden. Damit ihre Werke nach ihrem Tod nicht verloren gehen, vermachte sie alles der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Sie hoffte wohl, dass ihre Werke eines Tages doch noch aufgeführt würden.

Heute wird ihr Werk anders interpretiert: Die Kritik ihrer Zeitgenossen war zu harsch, ihr Werk wurde damals einfach nicht verstanden. Trotzdem bleibt sie weitgehend unbekannt. So erschien die erste Aufnahme eines ihrer Werke, die Petrarca-Sonate für Klavier (op. 37), erst im Sommer 2023.

Literaturhinweis:

  • Marx, Eva & Gerlinde Haas. 2001. 210 österreichische Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart: Biographie, Werk und Bibliographie: ein Lexikon. Residenz Verlag.

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