Philosophie

Gespräche als Lebenselixier

Gespräche als Lebenselixier

Rahel Varnhagen (1771-1833) war jüdischer Abstammung, ein Umstand, mit dem sie sich lange Zeit schwer tat, mit dem sie sich aber im Laufe der Zeit versöhnen konnte. Sie wurde Schriftstellerin, Salonnière und Philosophin, obwohl ihr Vater ursprünglich andere Pläne für sie hatte.

Sie verkörpert sowohl die Epoche der Aufklärung als auch die der Romantik. Das Gespräch und der Austausch mit anderen Menschen waren Rahel Varnhagen ein zentrales Anliegen, ebenso wie die Emanzipation - sowohl der Juden als auch der Frauen.

Ihr Leben

Sie wurde in Berlin geboren, wo sie auch den größten Teil ihres Lebens verbrachte. Sie war ein sehr nachdenkliches, intellektuell interessiertes Mädchen. Ihr Vater war davon wenig angetan und meinte, sie solle sich als Mädchen lieber praktischen Dingen widmen und sich nicht den Kopf zerbrechen.

Nach dem Tod des Vaters war sie von ihren Brüdern abhängig. Eine Heirat hätte ihre finanzielle Situation verbessern können, doch sie wählte einen anderen Weg: Sie eröffnete einen Salon, der von Philosophen und Dichtern, die ihre Klugheit und Eloquenz zu schätzen wussten, gut besucht wurde.

Dann marschierte Napoleon in Berlin ein, und neue Reformen führten schließlich zu einer Welle der Diskriminierung der Juden. Darunter litt auch Rahel Varnhagen. Sie konvertierte zum katholischen Glauben und heiratete Karl August Varnhagen. Dennoch blieb sie eine Außenseiterin, versöhnte sich aber schließlich mit ihren Wurzeln:

Was so lange Zeit meines Lebens mir die größte Schmach, das herbste Leid und Unglück war, eine Jüdin geboren zu sein, um keinen Preis möcht' ich das jetzt missen.

Sie eröffnete einen weiteren Salon, in dem beispielsweise Heinrich Heine Gast war.

Ihre Philosophie

Für Rahel Varnhagen war der Mensch ein rätselhaftes, unfertiges Wesen. Der Mensch an sich war für sie unfassbar. Das Gefühl war in vielen Dingen einfach da, ohne dass man es erklären konnte. Deshalb bezeichnete sie das Fühlen auch als Grenzerfahrung.

Was machen Sie? Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen.

  • Rahel Varnhagen. IN: Christa Bürger. 2016. Leben schreiben: Die Klassik, die Romantik und der Ort der Frauen, S. 127.

Rahel Varnhagen war es wichtig, die Freiheit des Denkens zu erkämpfen. Sie vertrat die Ansicht, dass jeder Mensch diese Fähigkeit besitzen sollte, unabhängig davon, aus welcher Schicht er stammte oder welche Rolle er in der Gesellschaft spielte. Ein wichtiges Mittel dazu war für sie die Kommunikation: Im Gespräch bzw. in der Konzentration auf das Gespräch konnten Erfahrungen gemacht werden, die das Denken befähigten.

Literaturhinweise:

  • Arendt, Hannah. 1975. Rahel Varnhagen: Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik. Ullstein.
  • Gleichauf, Ingeborg. 2007. Ich will verstehen. Geschichte der Philosophinnen. dtv. Stern, Carola. 1994. Der Text meines Herzens: das Leben der Rahel Varnhagen.Rowohlt.
  • Varnhagen, Rahel & Augusta Weldler-Steinberg. 1925. Rahel Varnhagen: ein Frauenleben in Briefen. G. Kiepenheuer.