Klischees

Bemalte Haut

Bemalte Haut

Die Haut ist unser größtes Organ. Bei vielen Menschen beflügelt die Haut Fantasien, aber sie ist auch Medium für diverse Körperkulte.

Weiße Frauen bräunen ihre Haut, farbige Frauen bleichen sie - ist das nicht paradox? Doch keine Form der Hautveränderung ist bei Frauen so umstritten wie das Tätowieren.

Bemalte Haut und eine Eisprinzessin

1993 wurde im sibirischen Altai-Gebirge die Mumie einer Frau gefunden. Da die Mumie in ewigem Eis konserviert war, wurde ihr der Name Eisprinzessin gegeben.

Allerdings gibt es keinen Beweis dafür, dass die Frau tatsächlich eine Prinzessin war. Sie lässt sich jedoch dem Reitervolk der Skythen zuordnen, das vom 6. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. in der sibirischen Steppe lebte.

Viel interessanter ist in diesem Zusammenhang, dass die Frau mit zahlreichen Tätowierungen geschmückt war: Komplexe Darstellungen von Hirschen und Vögeln zierten ihre Handgelenke, Lenden und Schultern.

Es wird vermutet, dass Tätowierungen bei den Skythen als Auszeichnung gestochen wurden. Häufig wurden wohl auch Körperteile tätowiert, die im Kampf besonders geschützt werden sollten - auch bei Frauen, die bei den Skythen durchaus als Kriegerinnen aktiv waren.

Magischer Schutz

Aber auch im Alten Ägypten wurden Frauen tätowiert, denn Tätowierungen galten als eine Art magischer Schutz. Einige Mumien weisen Tattoos auf den Oberarmen oder Schultern auf, andere hingegen auf dem Bauch.

So wurden weibliche Mumien gefunden, auf deren Bauch Punkte in Form einer Ellipse tätowiert waren. Wenn man bedenkt, dass die Punkte bei einer Schwangerschaft noch größer wurden, hatte dies sicherlich einen besonderen Effekt.

Zeichen für Weiblichkeit und Schönheit

In anderen Teilen der Welt wurden Mädchen und junge Frauen zur Vorbereitung auf die Ehe tätowiert oder ließen sich tätowieren, um einen besonderen Schutz für ihr weiteres Leben zu erhalten.

Bei den Ainu, die zu den Ureinwohnern Japans gehören, war es beispielsweise Tradition, junge Mädchen zu tätowieren. Dies war ein Zeichen von Schönheit, bedeutete Schutz und war eng mit ihrem Totenkult verbunden. Ainu-Mädchen ließen sich vor allem die Lippen tätowieren, ein Tattoo, das von Jahr zu Jahr größer wurde. War das Ritual abgeschlossen, d.h. hatte die Tätowierung die endgültige Größe um den Mund erreicht, galt das Mädchen als heiratsfähig.

In anderen Kulturen wurden Frauen zur Hochzeit tätowiert. Manchmal wurde sogar für jedes Ehejahr eine neue Zeichnung hinzugefügt, wie bei den Korjaken, einem Volk im Pazifik.

Erwähnenswert sind auch die Henna-Tattoos, die beispielsweise in Indien oder im Orient Bräute schmücken. Auch wenn diese Art von Zeichnungen den Körper nur vorübergehend zieren, sollen sie der Trägerin Glück und Segen bringen.

Tattoos, Rebellion und höfische Etikette

Während Tätowierungen in manchen Gegenden zum Alltag gehörten, waren sie anderswo verpönt. Und was verunsichert die Umwelt mehr, als mit einem Tabu zu brechen? So war es wohl auch bei Kaiserin Elisabeth (1837-98), besser bekannt als Sisi.

Im Alter von 51 Jahren - also nicht im jugendlichen Überschwang - ließ sich Sisi einen Anker auf die Schulter stechen. Es gibt noch weitere Geschichten, die besagen, dass sie sich später noch eine zweite Tätowierung stechen ließ: einen Adler über dem Gesäß. Doch das ist nicht eindeutig belegt.

Elisabeths Tochter Marie Valerie und Kaiser Franz Joseph reagierten entsetzt und weinten über diese Art der Verstümmelung, wie Marie Valerie in ihrem Tagebuch vermerkte. Jedenfalls blieben die Tätowierungen unter der Kleidung vor neugierigen Blicken verborgen.

Doch Sisi war nicht die einzige Aristokratin, die sich einen Anker stechen ließ. Die französische Prinzessin Marie Amélie Françoise Hélène d’Orléans (1865-1909), die durch ihre Heirat zur Prinzessin Waldemar von Dänemark wurde, wollte mit ihrem Tattoo die Karriere ihres Mannes bei der Marine unterstützen. Im Gegensatz zu Kaiserin Elisabeth sind von Prinzessin Waldemar von Dänemark Fotos erhalten, die ihren Anker zeigen.

Tattoo oder nicht Tattoo - das ist hier die Frage …

Fest steht: Frauen lassen sich bereits seit Jahrtausenden aus den unterschiedlichsten Gründen tätowieren. Mal ist es Teil eines wichtigen Rituals, mal ein Symbol religiöser oder kultureller Zugehörigkeit, mal ein Zeichen der Rebellion gegen gesellschaftliche Normen. Oft ist es aber auch einfach nur Schmuck.

Literaturhinweise:

  • Kloß, Sinah Theres (Hg.). 2020. Tattoo Histories. Transcultural Perspectives on the Narratives, Practices, and Representations of Tattooing. Routledge.
  • Mifflin, Margot. 2013 [1997]. Bodies of Subversion. A Secret History of Women and Tattoo. powerHouse Books.
  • Rush, John A. 2005. Spiritual Tattoo. A Cultural History of Tattooing, Piercing, Scarification, Branding, and Implants. North Atlantic Books.

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