Mit 18 Jahren wurde die Jüdin Anita Lasker-Wallfisch in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Ihr Lebensretter? Das Cello. Sie wurde ins Mädchenorchester aufgenommen und musste fröhliche Musik spielen, während Menschen in den Tod geschickt wurden.
Schon früh erlernte sie das Cellospielen und wurde, genau wie ihre Schwestern, im Musikunterricht von ihren Eltern gefördert. Doch als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen, wurde es für Juden zunehmend schwieriger, Musikunterricht zu erhalten.
Ihre Familie wollte Deutschland verlassen, doch alle Versuche blieben erfolglos. Nur ihrer ältesten Schwester gelang es, nach England zu fliehen.
Dann erhielten ihre Eltern den Deportationsbefehl. Sie wurden abgeholt, irgendwo erschossen und in einem Massengrab verscharrt. Anita Lasker-Wallfisch blieb mit ihrer Schwester Renate zurück. Sie versuchten, mit gefälschten Papieren nach Frankreich zu fliehen, wurden jedoch entdeckt und daraufhin inhaftiert. Bevor Anita Lasker-Wallfisch nach Auschwitz kam, musste sie in einer Papierfabrik Zwangsarbeit leisten. Dann wurde sie nach Auschwitz gebracht und ins Mädchenorchester aufgenommen.
Die Mädchen spielten Märsche, wenn die Arbeitskolonnen das Lager verließen oder zurückkehrten. Sie spielten auch vor den Gaskammern und mussten mitansehen, wie Menschen in Rauch aufgingen.
Doch die Gaskammern konnten nicht immer alle Menschen fassen. Einige wurden daher erschossen oder bei lebendigem Leibe in Flammen geworfen. Auch das bekam Anita Lasker-Wallfisch mit, das war ihr Alltag im Konzentrationslager.
Dass sie überlebte, verdankte sie der Tatsache, dass sie Cello spielte und somit für das Mädchenorchester unentbehrlich war. Zum anderen half ihr der enge Zusammenhalt innerhalb des Orchesters, alles zu überstehen.
Dann rückten die sowjetischen Truppen immer näher und Anita Lasker-Wallfisch wurde in das KZ Bergen-Belsen überführt. Unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeitete sie dort in einer Weberei, bis die britische Armee die Überlebenden befreite. Am nächsten Tag berichtete sie in der BBC über die Zustände in den Konzentrationslagern.
1946 wanderte sie nach England aus, wo sie sich der Musik widmete und eine Familie gründete. Lange Zeit schwieg sie über das, was sie erlebt hatte. Ende der 1980er Jahre übergab sie ihren Kindern ihre aufgeschriebenen Erinnerungen, die später veröffentlicht wurden.
1994 kam sie erstmals wieder nach Deutschland. Dort begann eine weitere Karriere: Sie begab sich auf Vortragsreisen und berichtete vor allem Jugendlichen von ihren Erlebnissen. Sie empfand dies als eine Art Verantwortung gegenüber den Menschen, die den Holocaust nicht überlebt hatten.
In den Konzentrationslagern wurden Orchester gegründet, um vor allem das SS-Personal bei Laune zu halten. Die Orchester hatten jedoch auch noch einen anderen Zweck.
Einerseits spielten sie Märsche, damit die Bewacher die vorbeimarschierenden Arbeiter besser durchzählen konnten. Andererseits spielten sie Musik, wenn neue Deportierte in den Lagern ankamen, um sie ruhig zu halten und ihnen vorzugaukeln, dass es dort nicht ganz so schlimm wäre, während sie in die Gaskammern geschickt wurden.
Literaturhinweise:
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