Pionierinnen

Frankenstein

Frankenstein

1816 am Genfer See. Mehrere Autoren verbringen gemeinsame Zeit in einer Villa. Es ist ein regnerischer Abend, von draußen dringen Geräusche herein, die eine unheimliche Stimmung erzeugen und die Fantasie beflügeln.

Die perfekte Atmosphäre für einen Schreibwettbewerb. Wer kann die gruseligste Geschichte schreiben? Dies war die Geburtsstunde von Frankenstein.

Wissenschaft und Ethik

Das Werk Frankenstein wurde inspiriert durch Unterhaltungen über Elektrizität, über wissenschaftliche Experimente, über Grenzen von menschlichen Fähigkeiten. Die philosophische und ethische Diskussion darüber hat seither nicht an Aktualität verloren.

Wo liegen die Grenzen des Menschen? Wieweit trägt der Mensch Verantwortung für sein Handeln? Wissenschaft und Ethik - die Grenzen sind bisweilen fließend und nicht eindeutig zu ziehen.

Mary Shelley

Frankenstein wurde von der Britin Mary Shelley (1797-1851) geschrieben. Durch dieses Werk wurde sie zur berühmtesten Schriftstellerin der englischen Romantik und zur Wegbereiterin der Science Fiction.

Mary Shelley wurde in London als Tochter einer Intellektuellenfamilie geboren. Ihre Eltern waren Philosophen und Schriftsteller. Kurz nach ihrer Geburt starb ihre Mutter, die berühmte Schriftstellerin Mary Wollstonecraft. Das war das erste einschneidende Ereignis in ihrem Leben.

Im Jahr 1816 schrieb sie nicht nur Frankenstein, sondern heiratete auch den Schriftsteller Percy Shelley. Doch schon bald überschatteten erneute tragische Ereignisse ihr junges Leben: Drei ihrer vier Kinder starben früh, sie selbst verblutete beinahe in der Folge einer Geburt. Dann verstarb ihr Mann.

Gesellschaftliche Erwartungen

Mary Shelley war 25 Jahre alt, als sie Witwe wurde. Sie hatte Mutter, Kinder und Mann verloren. Ihren Frankenstein hatte sie unter einem Pseudonym veröffentlicht, um nicht durch ihr Geschlecht von der Qualität des Romans abzulenken. Damals war es einfach eine gesellschaftliche Erwartung, dass Frauen sich weder in der Literatur noch im öffentlichen Leben hervortun.

Nach dem Tod ihres Mannes gab sie seine Werke heraus und wurde dadurch berühmt. Lange Zeit galt sie daher als Lebensgefährtin eines bekannten Schriftstellers und nicht als die eigenständige Denkerin und talentierte Autorin, die sie war.

Doch sie glaubte an ihr Talent. Sie schaffte es, durch das Schreiben sie selbst, ihren einzig überlebenden Sohn und noch andere Nahestehende durchzufüttern.

Literaturhinweise:

  • Engelhardt, Dietrich von & Hans Wisskirchen (Hrsgg.). 2006. Von Schillers Räubern zu Shelleys Frankenstein: Wissenschaft und Literatur im Dialog um 1800. Schattauer.
  • Mellor, Anne Kostelanetz. 1988. Mary Shelley: Her Life, Her Fiction, Her Monsters. Routledge.
  • Priester, Karin. 2001. Mary Shelley: die Frau, die Frankenstein erfand : Biographie. Langen Müller.
  • Seymour, Miranda. 2000. Mary Shelley. Grove Press.
  • Shelley, Mary. 2021. Der letzte Mensch. Roman: Damals – heute – morgen: Reclams Klassikerinnen. Reclam Verlag.
  • Shelley, Mary. 2009. Frankenstein oder der moderne Prometheus: die Urfassung. Dt. Taschenbuch-Verlag.