Frauenrollen Pionierinnen

Meisterin der Renaissance

Meisterin der Renaissance

Sofonisba Anguissola war zu Lebzeiten die gefeiertste Malerin der Renaissance, wurde jedoch schnell vergessen - Frauen zwischen humanistischen Idealen und Männerwelten.

Frauen und die Renaissance

Aus männlicher Perspektive markierte die Renaissance, die ihren Höhepunkt im 15. und 16. Jahrhundert erreichte, eine Periode des Aufbruchs. Es war eine Zeit der neuen Chancen und Möglichkeiten, Menschen wurden als Individuen wahrgenommen und erfuhren eine neues Selbstbewusstsein. Das spiegelte sich auch in der Kunst wider, wo der Fokus auf den Menschen verlagert wurde.

Eine umfangreiche humanistische Bildung sollte Männern und Frauen zugänglich gemacht werden. De facto erhielt nur eine kleine Schicht dieses Privileg, Frauen blieb Bildung häufig verwehrt.

Es galt weiterhin das weibliche Ideal, jung in die Ehe zu gehen und Kinder zu gebären. Hinzu kam eine neue Form der Kontrolle: Frauen, die sich anders als gesellschaftlich erwartet verhielten, wurden als Hexen deklariert, verfolgt und im schlimmsten Fall als solche verbrannt.

Ideal der Jungfräulichkeit

Frauen, die besonders gebildet waren, galten als suspekt und wurden gerne als unkeusche Wesen verschrien. Schließlich eiferten sie männlichen Idealen nach, was als unnatürlich galt. Deshalb mussten gelehrte Frauen eine besondere Keuschheit nach Außen tragen und verkörpern.

Auch Sofonisba Anguissola, die in jungen Jahren ihre ganze Kraft in ihre Bildung und ihr künstlerisches Schaffen steckte, verwies ausdrücklich auf ihre Jungfräulichkeit. Ein Selbstportrait enthält die Inschrift: „Von der Jungfrau Sofonisba Anguissola 1554 erschaffen.“ Es war ihr also wichtig, dieses Ideal sichtbar zu kommunizieren.

Humanistische Bildung

Die Italienerin Sofonisba Anguissola (1530er–1625) war die Älteste von insgesamt sieben Geschwistern. Die Eltern, Amilcara Anguissola und Bianca Ponzoni, gehörten dem Kleinadel an. Sie ließen jedem ihrer Kinder, egal ob Mädchen oder Junge, eine humanistische Bildung zuteilwerden.

Das hatte zur Folge, dass sich jedes Kind einen Namen machte: vier Schwestern wurden geachtete Malerinnen (Sofonisba, Lucia, Europa, Anna Maria), eine Schwester Schriftstellerin (Minerva), eine Dominikanerin (Elena) und der Bruder Musiker (Asdrubale). Am bekanntesten wurde jedoch die älteste Schwester, Sofonisba Anguissola.

Alltagsszenen und Portraits

Sofonisba gilt als Pionierin. Innerhalb der italienischen Malerei war sie es, die erstmals eine Alltagsszene festhielt. Auf dem Bild Drei Schwestern beim Schachspiel (1555) zeigt sie beispielsweise drei ihrer Schwestern und eine Bedienstete beim Spiel.

Zugleich machte sie sich als Porträtmalerin weit über die Landesgrenzen hinweg einen Namen. Dies führte dazu, dass sie an den Spanischen Königshof geladen wurde. Dort blieb sie viele Jahre als Hofdame und portraitierte die Königsfamilie. Um 1571 -und für die damalige Zeit außergewöhnlich spät- entschied sie sich für die Ehe. Der Malerei blieb sie aber weiterhin treu.

Gefeiert, vergessen und wiederentdeckt

Sofonisba Anguissola war zu Lebzeiten eine gefeierte und weithin geachtete Malerin. Der bekannte Renaissance-Maler Michelangelo, mit dem Sofonisba‘s Vater regelmäßig korrespondierte, hob ihr Talent hervor. Papst Pius IV lobte ihr Werk und andere bekannte Maler, wie der flämische Maler Anton van Dyck, besuchten sie, um sich Rat zu holen.

Nach ihrem Ableben geriet Sofonisba Anguissola in Vergessenheit. Das ging sogar soweit, dass ihre Werke männlichen Zeitgenossen zugeschrieben wurden. Erst im zwanzigsten Jahrhundert wurde sie als Malerin wiederentdeckt: Einige Werke tragen eindeutig ihre Signatur, andere konnten aufgrund von erhaltenen Beschreibungen und Aufzeichnungen zugeordnet werden.

Sofonisba Anguissola schaffte es also, kulturelle und gesellschaftliche Vorurteile hinter sich zu lassen. Namhafte Persönlichkeiten wollten von ihr portraitiert werden, nicht von einem Mann. Ihre Bilder spiegeln nicht nur das Abbild einer Person wider, sondern erzählen zeitgleich eine Geschichte und geben Aufschluss über die Persönlichkeit des portraitierten Menschen. Ihr Können und ihre Arbeit verdienen es, in Erinnerung zu bleiben.

Literaturhinweise:

  • Blisniewski, Thomas. 2017 [2011]. Die Entdeckung der Frauen in der Renaissance. Herrscherinnen, Künstlerinnen, Lebedamen. Berlin: Insel Verlag.
  • Hinterberger, Monika. 2020. Eine Spur von Glück: Lesende Frauen in der Geschichte. Göttingen: Wallstein Verlag.
  • Regtmeier, Eva. 2001 [1999]. „Mit den Augen einer Frau. Sofonisba Anguissola und die Portraitmalerei des Cinquecento,“ IN: Dirk Hoeges (Hg.): Frauen der italienischen Renaissance. Frankfurt a.M.: Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften.