Hypatia (c.360-416) war eine hochgeschätzte Universalgelehrte, vor allem auf den Gebieten der Philosophie, Mathematik und Astronomie. Sie war die erste Frau, die sich erfolgreich in der Männerdomäne der akademischen Welt durchsetzte und sich einen Namen machte. Das ist bis heute keine Selbstverständlichkeit.
Ihre Schriften sind jedoch nicht erhalten. Ähnlich erging es vielen ihrer männlichen Kollegen. Warum haben sie Eingang in die Geschichtsbücher gefunden, während Frauen wie Hypatia weitgehend ignoriert wurden und bis heute werden?
Es gibt mehrere antike Philosophen, von denen kein einziger schriftlicher Satz erhalten ist, sondern nur Schriften anderer, die über sie berichten. Dazu gehören beispielsweise Sokrates oder Pythagoras. Dennoch sind ihre Namen weithin bekannt, ebenso wie ihre Lehren, die durch Dritte überliefert wurden.
Warum also nicht auch die Philosophinnen? Bei den Philosophinnen achtete man auf ihr Äußeres. Natürlich waren alle Philosophinnen schön. Sie mussten es anscheinend sogar sein, um lehren zu können. Bei den Männern spielte das natürlich keine Rolle. So auch bei Hypatia, deren Schönheit immer wieder beschrieben wird. Eine Frau musste zuerst schön sein, um in einem zweiten Schritt Gelehrsamkeit zu erlangen und schließlich anerkannt zu werden.
Historisch wurde in den Sekundärquellen mit zweierlei Maß gemessen, ob es sich bei der dokumentierten Person um einen Mann oder eine Frau handelte. Gerade bei Frauen wurde oft nicht darauf geachtet, was sie geleistet hatten, weshalb ihre Verdienste nicht weiter festgehalten wurden und somit mit der Zeit als nicht nachweisbar galten.
Dennoch gibt es mehrere historische Quellen, die sich auf Hypatia beziehen. Sie beschreiben u.a. ihre Gelehrsamkeit, ihre fesselnden philosophischen Vorträge und ihre Qualitäten als Dozentin und Leiterin einer Gelehrtenschule.
In Alexandria hielt sie öffentliche Vorträge. Es gelang ihr, den antiken griechischen Geist mit innovativen und zukunftsweisenden Ideen zu verbinden. Vor allem Philosophen kamen, um sie sprechen zu hören.
Allerdings war es damals nicht üblich, eigenständige neue philosophische Lehren zu entwickeln. Vielmehr wurden die Lehren der großen Philosophen wie Aristoteles oder Platon interpretiert.
Hypatia war so erfolgreich, dass sie sogar den Philosophenmantel tragen durfte. Dies war eine besondere Auszeichnung. Der Tribon, wie dieser Mantel genannt wurde, war eigentlich nur Männern vorbehalten, die einen besonderen Status in der Philosophie innehatten.
Hypatia schrieb mathematische Abhandlungen und beschäftigte sich mit Mechanik und angewandter Technologie. Der Überlieferung nach erfand sie das Astrolabium. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftliches Gerät zur Bestimmung der Position von Sternen, Planeten und der Sonne. Auch das Hydrometer wird ihr zugeschrieben. Damit kann man das spezifische Gewicht von Flüssigkeiten messen.
Heute geht man sogar davon aus, dass Hypatia einst das Museion, die große Gelehrtenschule in Alexandria, geleitet und als Vorsteherin entscheidend vorangetrieben hat.
Hypatias Zeit war eine Zeit des Umbruchs, politisch und gesellschaftlich wurde vieles neu geordnet. Alexandria zählte damals zum römischen Imperium, war Teil der römischen Provinz Ägypten.
Zudem gewann das Christentum immer mehr an Einfluss, was zu religiösen Unruhen führte. Die Kirche wurde zu einem eigenen Staat im Staate, Nichchristen, zu denen auch Hypatia zählte, waren zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. Viele Forschungszweige wurden nun als heidnisch oder mit dem Teufel im Bunde verstanden, Philosophen als Gefährdung für die Sicherheit.
In dieser Zeit der Machtansprüche wurde Hypatia ihr Lebenswandel zum Verhängnis: Sie war eine gelehrte Frau, unverheiratet und neuplatonische Philosophin. Darüber hinaus vertrat sie das Credo, dass Wissenschaft unabhängig und frei sein müsse und sich keiner religiösen Strömung unterordnen dürfe. Das gefiel nicht allen.
Hypatia wurde von einer aufgebrachten Menge gefangen genommen, entkleidet und brutal ermordet. Ihr Leichnam wurde anschließend verbrannt - in einer Kirche. Hypatias Tod wird als beginnendes Ende der antiken Naturwissenschaften gedeutet.
Literaturhinweise:
.
Verwandte Beiträge: