Gerda Lerner zeigte in ihren Schriften, dass das Patriarchat Frauen zu Außenseitern und gleichzeitig zu Opfern der Geschichte macht. Es gelang ihr nachzuweisen, dass es entgegen der landläufigen Meinung sehr wohl Zeugnisse einer Frauengeschichte gibt. Sie begann, diese weitgehend verleugnete Frauengeschichte wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Für Gerda Lerner sind Antisemitismus, Homophobie, Rassismus und Sexismus eng miteinander verbunden. Jede Form von Unterdrückung, Ausgrenzung oder Stigmatisierung funktioniere durch die Konstruktion einer vermeintlichen Überlegenheit einer Gruppe gegenüber einer anderen.
Die Saat der Zukunft liegt bereits in unseren Händen. Am gefährlichsten für das Überleben der Menschheit sind Macho-Männer in Machtpositionen, unabhängig davon, welchen Block antiquierter sozialer Strukturen sie beherrschen.
Frauen werden jedoch immer doppelt unterdrückt: durch die Herrschenden bzw. die, die über sie herrschen, und durch die Religion bzw. ihr Verhältnis zu Gott. Die Frau wird über ihre Sexualität definiert, sie erhält ihre Position bei der Geburt durch ihr Geschlecht. Die Macht über den Körper wiederum regeln diese Systeme, wie eben die Religion oder der Staat durch Ehegesetze.
Deshalb, so Gerda Lerner, nahmen Vergewaltigungen und auch Pornografie zu, der Sexmarkt wurde zum Arbeitgeber für mittellose Frauen. Gleichzeitig begann eine Auslöschung der Frauengeschichte aus dem kulturellen Gedächtnis, zusammen mit den dazugehörigen Geschichten und Traditionen.
Das selektive Gedächtnis von Männern, die die Menschheitsgeschichte aufzeichneten und interpretierten, hatte verheerende Auswirkungen auf Frauen. Frauen sind überall und waren schon immer mindestens die Hälfte der Menschheit. Es ist unvorstellbar, dass ihre Handlungen und Gedanken bei der Gestaltung historischer Ereignisse belanglos waren, und dennoch wurden Frauen so dargestellt, als hätten sie keine Geschichte, die es wert wäre, aufgezeichnet zu werden.
Doch Gerda Lerner konnte nachweisen, dass es durchaus noch Spuren einer Frauengeschichte gibt. Diese gilt es wieder zu entdecken. Damit wird den Frauen ein Stück Geschichte zurückgegeben.
Gerda Lerner, geboren als Gerda Hedwig Kronstein in Wien, erfuhr am eigenen Leib, was es heißt, auf vielfältige Weise unterdrückt zu werden. Sie war die Tochter einer jüdischen Malerin und eines jüdischen Apothekers.
Ende der 1930er Jahre wurde sie zusammen mit zwei Christinnen verhaftet. Nur weil sie Jüdin war, bekam sie kleinere Essensportionen als ihre Mitgefangenen. Als der Vater sein Vermögen abtrat, wurde sie wieder aus der Haft entlassen.
Gerda Lerner emigrierte in die USA, ging eine Zweckehe ein und arbeitete schlecht bezahlt. Dann lernte sie den Theaterdirektor Carl Lerner kennen, ließ sich von ihrem ersten Mann scheiden und heiratete Carl Lerner.
Im Alter von 38 Jahren begann sie ein Geschichtsstudium, das sie mit einem Bachelor und einem Master abschloss, bevor sie an der Columbia University über ein frauengeschichtliches Thema promovierte. Sie wurde Professorin und baute den ersten Masterstudiengang für Frauengeschichte in den USA auf.
Nach einigen Jahren wechselte sie an die Universität von Wisconsin-Madison, wo sie das erste Doktorandenprogramm in Frauengeschichte in den USA einrichtete. Dadurch und durch ihre Publikationen rückte das Thema allmählich ins öffentliche Bewusstsein.
Meine Arbeit gründet sich auf die Überzeugung, dass das Patriarchat ein Produkt der historischen Entwicklung ist und auch durch historische Prozesse beendet werden kann.
Trotzdem scheint es noch ein langer Weg zu sein, bis das Wissen um die Geschichte der Frauen in allen Teilen der Welt ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit dringt…
Literaturhinweise:
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